So ergibt alles einen GIN

Wir haben die Entwicklung einer ehemals kleinen, bayerischen Gin-Marke von Beginn an mitverfolgt und sprachen mit deren Gründer über Innovation, Pioniergeist und unternehmerisches Handeln, das sich, trotz diverser Hürden, voll ausgezahlt hat.

Die Rede ist von Maximilian von Pückler, der mit seinem Unternehmen bzw. seiner Marke "The Duke" in der mittlerweile eigenen großen Destillerie in Aschheim bei München verschiedene Gin-Getränke herstellt.

Bettina Model: Ich bin beeindruckt, wenn ich hier in Ihrem neuen Haus stehe, da ich noch die Anfänge Ihres Unternehmens kenne. Was glauben Sie, war Ihr Vorteil in Bezug auf die Entwicklungsgeschichte Ihrer Marke?

Maximilian von Pückler: Unser Vorteil war sicher, dass wir zu Beginn unserer Gründung erstmal unter dem Radar liefen und uns deswegen langsam organisch entwickeln konnten, bevor das Thema Gin so richtig groß wurde. Wir konnten in dieser Phase auch lernen, wie man ein Unternehmen führt, was in Sachen Mitarbeiterführung und Teambildung wichtig ist und wie man neue Anreize setzt. Das alles zu stemmen, war nicht meine alleinige Leistung. Da sind viele im Team mitgegangen und haben unternehmerisch mitgedacht, mitgeholfen und The Duke vorangebracht.

Mit welchem Kapital sind Sie gestartet?

Wir hatten tatsächlich gar kein Geld zur Verfügung. Erst, als wir den großen Schritt mit der Destillerie in Aschheim gegangen sind, haben wir uns von Bankseite her Unterstützung geholt. Das war in dieser Phase aber absolut sinnvoll. Hätte ich vorher schon viel Geld zur Verfügung gehabt, hätte ich es sicher ausgegeben. Vielleicht nicht unbedingt für die sinnvollsten Dinge... Dass wir ohne Investor gestartet sind, war auch der Not geschuldet, da wir gar keine Zeit hatten, einen Investor zu suchen. Wir waren so beschäftigt mit Rezepturfindung und damit, das Unternehmerische in die Gänge zu bringen. Zu Beginn gab es zum Beispiel auch nur einen Raum. Darin waren ein Kessel, das Lager und das Büro untergebracht ... einfach alles.

Der erste Gedanke eines Projektes oder einer Idee wird oft im Vorfeld als „Spinnerei" tituliert. Gab es den Augenblick, in dem aus Spinnerei Realität wurde? Oder würden Sie Ihre Idee als gelungene „Spinnerei" bezeichnen?

Ich glaube, die ursprüngliche Idee war mit Sicherheit auch ein Stückweit Spinnerei. Es stand ganz alleine der Spaß im Vordergrund. Und am Anfang sollte alles Träumen erlaubt sein, auch wenn ich dabei sicher viele Fehler gemacht habe. Ich wollte mich nie an einen vorhandenen Trend dranhängen, sondern hatte den Anspruch, etwas Neues zu generieren. Irgendwann muss dann aber der Realitätscheck durchgeführt werden. Damals war das Thema Gin noch absolut neu. Es war sogar schwer, Gin an den Mann zu bringen, da er so ein altbackenes Image hatte. Nun ist es das Gegenteil. Daran kann man sehen, was möglich ist, wenn man sich beherzt dahinterklemmt.

Wann immer ich mit Gründern und Unternehmern spreche, bin ich sicher, dass Erfolg immer mehr mit den Persönlichkeiten im Unternehmen und nicht mit Zahlen und Zertifikaten zu tun hat...

Ich habe tatsächlich auch niemals Mitarbeiter nach Zertifikaten und Noten ausgesucht. Das interessiert mich nicht. Zudem können wir uns den Luxus, nach solchen konservativen Kriterien zu entscheiden, gar nicht leisten. Ich muss genau hinschauen, was meine Mitarbeiter angeht. Kriterium Nummer eins ist einfach die Lust am Produkt. Auch ohne Abitur kann ein Mitarbeiter brillante Arbeit leisten. Deswegen lasse ich mich grundsätzlich nicht von Zahlen verrücktmachen. Ziele werden bei uns individuell gesetzt. Solange wir uns entwickeln und wir immer wieder neue Ideen begeistert verfolgen, sind wir auf dem richtigen Weg. Wir wollen für uns ein anständiges Produkt erstellen, Spaß an der Sache haben und keinem zwanghaften Wachstum hinterherjagen. Was die Konkurrenz macht, interessiert uns dabei eher wenig.

Ist es nicht unglaublich schwierig, immer etwas „Neues" im Gin zu finden?

Wir haben unsere Produkte stetig weiterentwickelt und wissen mittlerweile, wie es geht, wenn man eine neue Idee hat. Natürlich ist das nicht einfach. Es geht dabei schließlich nicht nur um das Produkt, sondern auch um das Gestalten der Flasche, des Etiketts, der Grafik usw.. Wir haben solche Abläufe aber nur über Jahre hinweg perfektionieren können.

Kann man auch seinen eigenen Gin bei Ihnen herstellen lassen?

Ja! Wir machen auch individuellen Gin, u.a. für Unternehmen. Ich kann zum Beispiel verraten, dass der FC Bayern bald seine zweite eigene Edition bekommt.

Wie würden Sie "Genuss" beschreiben?

Ich denke, jeder Mensch hat eine andere Verbindung zum Wort Genuss. Ich selbst bin kein Mensch, der den Luxus sucht. Für mich ist Genuss schon, wenn ich abends alleine in meinem Büro sitze, die Geräusche aus der Destillerie höre, den Geruch wahrnehme... Genuss ist für mich auch, ein fertiges Produkt in den Händen zu halten. Das Gestalten von etwas, die Entstehung, das Erreichen eines Ziels mit uns als Team, das alles ist Genuss für mich.

Derzeit ist Nachhaltigkeit überall Trend. Auch für Sie?

Nachhaltigkeit haben wir nie als Trend gesehen, sondern als Selbstverständlichkeit. Wir sind ein regionales Unternehmen, und besitzen hier im Ortskern von Aschheim unsere Destilliere. Wir haben das Gebäude, das vorher schon eine Brennerei war, saniert und so einem alten Gebäude wieder neuen Glanz verliehen. Das war eine sehr aufwendige Aufgabe, aber am Ende ist es gelungen und das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Wenn man durch Ihr Haus geht, Ihre Produkte, die Verpackungen und viele Einzelheiten wahrnimmt, nimmt man auch eine Harmonie in Form von Farbe und Ausdruck in allem wahr. Wo kommen die Ideen her?

Viele der Details, die unsere Handschrift bzw. unseren Charakter ausmachen, stammen aus der Gemeinschaftsarbeit von mir und meinen Mitarbeitern. Dieses gemeinsame Erschaffen ist uns enorm wichtig. Und inzwischen gelingt es uns sogar immer besser.

Haben Sie neue Pläne, neue Projekte oder eine neue „Spinnerei"?

Corona hat uns gezeigt, dass wir uns für neue Möglichkeiten öffnen müssen, um unser Unternehmen und somit auch den Arbeitsplatz für unsere Mitarbeiter, langfristig zu sichern. Wir sind daher in den vergangenen Monaten kreativ geblieben und neue Wege gegangen. Neu ist u.a., dass wir nun eine eigene Bar bei uns im Haus betreiben. Außerdem warten weitere spannende, besondere Pläne auf unsere Kunden. Darum schaue ich jetzt, nach Corona, sehr positiv und voller Vorfreude in die Zukunft.

Besten Dank für das Gespräch.

Alle Fotos: © The Duke