Eine starke und schillernde Persönlichkeit

Der BMW-Vierzylinder ist eines der ikonografische Gebäude, die der Pionier und Visionär Karl Schwanzer entwarf. Nun gibt es einen eindrucksvollen Film über den österreichischen Architekten, der bis zur Selbstaufgabe arbeitete, bis er sich das Leben nahm...

Seinen Namen kennt vielleicht nicht jeder, sein berühmtestes Gebäude aber unter Garantie: Mit dem BMW-Vierzylinder in München ist Karl Schwanzer ein Paradebeispiel moderner Architektur gelungen, dessen Konstruktionsweise als „Hängehaus" ebenso unkonventionell ist wie seine 101 Meter in den Himmel ragende Kreuz-Grundform. 1973 fertiggestellt, fungiert es bis heute als Hauptverwaltungsgebäude und Wahrzeichen des bayerischen Automobilherstellers.

Leben und Werk Karl Schwanzers

In seinem Film „Er flog voraus" rekonstruiert Regisseur Max Gruber nicht nur die Entstehungsgeschichte dieses ikonografischen Hochhauses, sondern gibt darüberhinaus Einblick in Leben und Werk des Architekten, das von einem enormen Schaffensdrang geprägt war: In knapp 30 Jahren entstanden rund 600 Bauten und Projekte, bei denen der österreichische Pionier und Visionär immer wieder neue Stile ausprobierte und reisefreudig-weltoffen ins Unbekannte vorstieß. Weil Schwanzer ein ebenso großer Kämpfer wie Zweifler war, wurden viele Ideen überdacht, überarbeitet oder verworfen. Die Tätigkeit in seinem Wiener Büro, in dem er bis zu 100 Mitarbeiter beschäftigte, war deshalb - laut Zeitzeugen - „nicht leicht", aber dennoch „faszinierend".

Interviews mit ehemaligen Studenten, Angestellten oder Kollegen von Schwanzer sind ein Teil der Versatzstücke, die Max Gruber in seinem semidokumentarischen Porträtfilm wie ein Puzzle zusammensetzt. Weitere stammen aus – zum Teil unveröffentlichtem – Archivmaterial. In kurzen Szenen bindet Max Gruber Illustrationen aus seiner Graphic Novel „Schwanzer – Architekt aus Leidenschaft" und Animationssequenzen ein. Für die stärksten Szenen ließ er Schwanzer kongenial von Nicholas Ofczarek spielen und sprechen, der äußerlich gesetzt mit zurückgegelten Haaren, Hornbrille und Anzug, aber innerlich voller Leidenschaft, Energie und Hingabe in die Rolle des Architekten schlüpft. Weitere Highlights sind ruhige, puristische Filmaufnahmen wichtiger Bauwerke von Karl Schwanzer.

Karl Schwanzer: "Glauben, zweifeln, leben, leiden, ..."

In Summe entsteht ein multiperspektivisches, vielschichtiges und -stimmiges Porträt über eine starke, schillernde Persönlichkeit, die bis zur Selbstaufgabe arbeitete – und sich 1975 im Alter von 57 Jahren selbst das Leben nahm. Die Fülle und Gegensätzlichkeit von Karl Schwanzers Charakter kommt in einer poetischen Folge von Verben zum Ausdruck, die Nicholas Ofczarek am Schluss des Films ausdrucksstark rezitiert: „Glauben, zweifeln, leben, leiden, ahnen, fühlen, sehnen, opfern, fordern, forschen, finden, mühen, quälen, härter sein, aufwerfen, entwerfen, verwerfen, fiebern, brennen, zeugen, wachsen..."

Alle Fotos: © Salzgeber

Den Film gibt es als DVD oder Video on Demand bei Salzgeber. Mehr Infos: